Einfluss der Ladestrategie auf die Umweltbewertung

Um die unmittelbaren Umweltwirkungen einer durch ein Elektrofahrzeug geladenen Kilowattstunde Strom zu bestimmen, bietet sich eine sogenannte marginale Betrachtung an. Die entscheidende Frage ist hier, welche Kraftwerke aufgrund der (gegenüber einem konventionellen Fahrzeug) zusätzlichen Stromnachfrage des Elektroautos ihre Produktion erhöhen. Da die Betriebskosten von erneuerbaren Energieanlagen äußerst gering sind (sie brauchen schließlich keinen Brennstoff), wird deren Strom ohnehin ins Stromnetz eingespeist. Auch Kernkraftwerke verursachen nur geringe Kosten pro Kilowattstunde, weswegen sie so gut wie ausschließlich Grundlast abdecken, also ununterbrochen laufen. Zusätzliche Stromnachfrage wird daher in der Regel durch thermische Kraftwerke gedeckt, also im Wesentlichen Gas, Steinkohle und Braunkohle.

Im Rahmen des "Flottenversuchs Elektromobilität" wurden für das Jahr 2030 verschiedene Ladeszenarien hinsichtlich der Frage untersucht, durch welche Kraftwerkstypen der getankte Strom erzeugt wird (siehe Abb. 2). Der Anteil der erneuerbaren Energien an der durchschnittlichen Stromerzeugung beträgt im Szenario bereits über 50 %, der CO2-Faktor liegt somit bei etwa 420 g / kWh.

Abb. 2: Spezifische CO2-Emissionen für verschiedene Ladeszenarien im Vergleich (IFEU 2011)

Das Szenario "Letzter Weg" beschreibt die Situation, dass die Fahrzeuge grundsätzlich direkt nach der Fahrt wieder aufgeladen werden. Dies führt zu Lastspitzen zu bestimmten Tageszeiten (z.B. abends nach der Rückkehr vom Arbeitsplatz), die durch vermehrten Einsatz vor allem von flexiblen Gaskraftwerken ausgeglichen werden.

Wird der Strompreis für den Endverbraucher der aktuellen Preissituation auf dem Strommarkt angepasst und dadurch eine zeitliche Verlagerung des Verbrauchs erreicht, so spricht man von "Demand Side Management" (DSM). In diesem Szenario schließt der Nutzer die Fahrzeuge nach der Fahrt ans Netz an und gibt die Zeit an, zu der das Fahrzeug wieder zur Verfügung stehen muss. Der Ladevorgang wird dann automatisch so gesteuert, dass die Stromkosten minimiert werden. Dies führt in der Regel zu einer Verlagerung der Ladevorgangs in die Nachtstunden, in denen viele Kraftwerke nicht ausgelastet sind. Dabei werden Kraftwerke mit niedrigen Brennstoffkosten bevorzugt, dies sind vor allem Steinkohlekraftwerke die hohe spezifische CO2-Emissionen haben. Die zusätzliche Stromnachfrage erhöht daher in erster Linie die Auslastung dieser Kraftwerke, so dass der Strom in diesem Fall eine deutlich schlechtere Klimabilanz aufweist als durchschnittlicher Strom.

Eine deutliche Verbesserung der Klimabilanz von Elektrofahrzeugen ist nur zu erreichen, wenn der Ausbau der Elektromobilität mit dem Bau von zusätzlichen Anlagen zur erneuerbaren Energiegewinnung verbunden wird, die andernfalls nicht gebaut worden wären (Szenario "DSM + EE"). In diesem Fall kann Elektromobilität sowohl von der geringen Klimawirkung dieser Anlagen profitieren, als auch durch gesteuertes Laden die Voraussetzungen für deren Netzintegration verbessern.

Perspektivisch ist es denkbar, dass geparkte Elektrofahrzeuge gespeicherten Strom in Zeiten besonders hoher Stromnetzbelastung in das Netz zurückspeisen und somit aktiv zu dessen Stabilisierung beitragen. Hierzu sind jedoch noch erhebliche Verbesserungen der Batterietechnologie notwendig. Zudem wird es geeignete Anreizsysteme brauchen, damit Kunden ihr Fahrzeug für diese "Netzdienstleistung" zur Verfügung stellen.

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